
Es gibt diese Wochenenden, die eine Mannschaft wie durch ein Kaleidoskop drehen: Licht, Schatten, Splitter, neue Farben. Für die Nürnberg Ice Tigers war das erste Dezember-Wochenende genau so ein Ding ein Auf und Ab, das man im Eishockey eigentlich nur „voller Leben“ nennen kann. Zwischen einer bitteren Nacht in Köln, einem aufstemmenden Heimsieg gegen Wolfsburg und einer Hiobsbotschaft, die weit über ein verlorenes Spiel hinausgeht, zeigte dieses Team erneut, was Widerstandsfähigkeit bedeutet. Und manchmal eben auch, wie gnadenlos der Sport sein kann.
Köln ein Abend, der schon vor dem ersten Bully wehtat
Es klang eigentlich nach Aufbruch: Zum ersten Mal seit dem fünften Spieltag standen den Ice Tigers wieder zwölf gelernte Stürmer zur Verfügung. Evan Fitzpatrick kehrte ins Tor zurück, auch Veteran Constantin Braun war wieder mit dabei zumindest für ein paar Minuten. Doch genau in diesem frühen Momentum versteckte sich der erste Knick.
Die Haie erwischten Nürnberg kalt. Ein frühes 1:0, ein Powerplay-Tor, dann gleich das nächste Köln spielte mit der gewissen Selbstverständlichkeit einer Mannschaft, die nur darauf wartet, kleine Unsauberkeiten zu bestrafen. Und Nürnberg? Rieb sich die Augen, wechselte Rhythmen, versuchte, in das neue-alte Rollenbild zurückzufinden.
Das schlimmste Kapitel schrieb der Abend jedoch mit einer einzigen, unglücklichen Bewegung: Die Kufe eines Kölner Spielers erwischte Constantin Braun an der Wade ein sehr tiefer Cut, später die Diagnose, die alles überschattet: Achillessehne durchtrennt, Saisonende. Ein Satz, der wie ein Schlag in den Bauch sitzt.
Im Spiel selbst kämpften sich die Ice Tigers in typischer Manier zurück, verkürzten dank eines starken Powerplays sogar auf 3:5. Für einen Moment vibrierte die Partie wieder. Doch Köln hatte an diesem Abend die klareren Antworten auch im vierten Drittelmodus, sprich: im Powerplay. Mit jeder Überzahl wuchs der Abstand, und am Ende stand ein 4:7, das sich sowohl zu hoch als auch irgendwie logisch anfühlte.
Sonntag wie ein Reset-Knopf vor heimischem Publikum
Und dann, zwei Tage später, ein völlig anderes Bild. Gegen die Grizzlys Wolfsburg präsentierte sich Nürnberg wie eine Mannschaft, die nicht bereit war, dem Schicksal das letzte Wort zu überlassen.
Ohne Braun, aber mit einer gehörigen Portion Trotz im Tank, legten die Ice Tigers vor heimischem Publikum los wie ein Team, das sich beweisen will. Roman Kechter erzielte mit einem Abpraller das 1:0 ein Tor aus der Kategorie „nicht schön, aber wichtig“. Wolfsburg glich aus, Nürnberg antwortete mit Herz, Stock und Handgelenk: Samuel Dove-McFalls schob den Puck mit einer Mischung aus Ruhe und Entschlossenheit zum 2:1 ins Netz.
Der Mittelabschnitt brachte den Ausgleich der Grizzlys, aber auch den Moment des Spiels: Marcus Weber, der aus dem Bullykreis heraus einen Direktschuss mit 139,8 km/h (!) unter die Latte jagte. Ein Schuss wie ein Donnerschlag durch die Arena, ein Statement. Eines, das blieb.
Von da an spielte Nürnberg nicht fehlerfrei, aber leidenschaftlich, konzentriert, widerstandsfähig. Treutle war ein Fels, die Defensive überstand die Druckphasen, und als sich das Spiel langsam Richtung Zielgerade verlagerte, sorgte Tyler Spezia mit dem 4:2 ins leere Tor für den Deckel und für ein kollektives Aufatmen.
Und doch überschattet: Die Diagnose, die niemand lesen wollte
Egal, wie viele Pucks im Netz landen – manche Nachrichten gehen tiefer. Die Verletzung von Constantin Braun ist so eine.
Die durchtrennte Achillessehne zwingt den 37-Jährigen zu einer Operation in der Erler-Klinik und bedeutet das Saisonende. Vielleicht das Ende einer Ära, vielleicht nur eine weitere Hürde in der Karriere eines Spielers, der schon durch so viele Feuer gegangen ist.
Und wenn man die Stimmen in der Mannschaft hört, wenn man die Reaktionen der Fans liest, wenn man sieht, wie Braun selbst sich immer wieder zurückgekämpft hat, dann bleibt eines sicher:
Tine kämpft. Und er kommt zurück. Irgendwie. Irgendwann.
Fazit ein Wochenende, das mehr war als nur zwei Spiele
Sportlich war es eine Mischung aus Lehrstunde und Lebenszeichen. Emotional war es ein Wechselbad. Und menschlich? Eine Erinnerung daran, wie dünn die Linie zwischen Hoffnung und Härte im Profisport sein kann.
Die Ice Tigers stehen nach diesem Wochenende nicht da, wo sie hinwollen aber sie stehen. Und wie sie das tun, ist vielleicht die wichtigste Nachricht.
Diese Mannschaft hat Puls.
Sie hat Herz.
Und sie hat noch lange nicht fertig.



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