
Es war ein Wochenende, das irgendwie perfekt in diese bisherige Eisbären-Saison passt: ein hart erkämpfter Overtime-Sieg in Schwenningen am Freitag und zwei Tage später ein ernüchterndes 1:4 gegen kaltschnäuzige Bremerhavener in der heimischen Uber Arena.
Zwischen Euphorie und Ernüchterung lagen gerade einmal 48 Stunden, aber sportlich gesehen Welten.
Schwenningen: Ein Sieg mit Charakter (und Nervenfaktor)
Das Spiel im Schwarzwald begann so, wie man es sich aus Berliner Sicht wünschen würde. Druckvoll, strukturiert, zielstrebig. Eric Mik traf früh, Ty Ronning legte nach 0:2, die Eisbären mit klarer Ansage. Schwenningen fand erst spät im ersten Drittel überhaupt ins Spiel, während Berlin defensiv solide stand und kaum etwas zuließ.
Doch das Momentum ist bekanntlich ein launischer Freund und im zweiten Drittel wechselte es plötzlich die Seiten. Tyson Spink brachte die Wild Wings mit einem Schuss zurück ins Spiel, Jordan Szwarz glich in Unterzahl aus.
Plötzlich war das Spiel offen, hektisch, emotional genau das, was Schwenningen liebt und was Berlin eigentlich vermeiden wollte. Als Danny O’Regan kurz nach Wiederbeginn das 3:2 erzielte, drohte die Partie endgültig zu kippen. Aber was man den Eisbären in dieser Saison zugutehalten muss: Sie haben Kampfgeist.
Ronning glich kurz vor Schluss mit seinem zweiten Treffer aus, und in der Verlängerung machte Markus Vikingstad mit einem eiskalten Abschluss den fünften Auswärtssieg der Saison perfekt. Dass Blaine Byron nach seiner Verletzungspause zurückkehrte, war das emotionale Sahnehäubchen auf einem Sieg, der zwar nicht perfekt, aber charakterstark war.
Kurz gesagt: kein schöner, aber ein wichtiger Sieg. So einer, der in der Kabine nachschwingt und zeigt, dass diese Mannschaft nicht nur mit Talent, sondern auch mit Zähnen spielt.
Berlin gegen Bremerhaven: Die kalte Dusche in der eigenen Halle
Wenn das Spiel in Schwenningen die „harte Arbeit zahlt sich aus“-Version war, dann war der Sonntagabend gegen Bremerhaven die „harte Realität klopft an“-Variante. Dabei begann alles gar nicht so schlecht: Berlin drückte, erspielte sich Chancen, schien die Kontrolle zu haben aber vergaß, das Offensivwerk auch mit Zählbarem zu krönen.
Und Bremerhaven? Nahm das Geschenk dankend an. Rayan Bettahar traf mit dem ersten ernstzunehmenden Schuss zur Führung, Alex Friesen legte kurz vor Drittelende im Powerplay nach.
Zwei Chancen, zwei Tore Effizienz in Reinform.
Im Mittelabschnitt investierten die Eisbären weiter viel, liefen sich aber immer wieder an der kompakten Defensive der Pinguins fest. Bremerhaven verteidigte diszipliniert, blockte Schüsse, hielt die gefährlichen Zonen sauber und setzte genau da Nadelstiche, wo es wehtat.
Ein schneller Konter, ein perfekter Pass von Miele, und Nicolas Krämmer machte das 3:0. Erst Blaine Byron brachte Berlin überhaupt aufs Scoreboard. Ein Hoffnungsschimmer aber mehr auch nicht.
Im Schlussdrittel war dann klar: Berlin wollte, Bremerhaven konnte.Julius Hudacek im Tor der Gäste feierte ein bärenstarkes Debüt, parierte alles, was Richtung Gehäuse kam und als Bennet Roßmy zum 1:4 einschob, war das Spiel sinnbildlich entschieden. Nicht, weil Berlin aufhörte zu spielen, sondern weil Bremerhaven schlicht smarter agierte.
Die Norddeutschen machten das, was gute Teams tun: sie verwalten, ohne zu verwalten. Defensiv kompakt, offensiv effizient der perfekte Auswärtsauftritt.
Fazit: Zwei Spiele, die alles sagen über Stärken, Schwächen und Zwischenstände
Das Wochenende hat gezeigt, wo die Eisbären aktuell stehen: zwischen Anspruch und Realität, zwischen Energie und Inkonsistenz.In Schwenningen glänzte der Wille, gegen Bremerhaven fehlte der Plan B.
Die Special Teams bleiben eine Dauerbaustelle, der Torabschluss schwankt zwischen genial und fahrlässig, und die Defensive braucht weiterhin Konstanz über 60 Minuten.
Aber: Wer die Eisbären kennt, weiß, dass solche Phasen dazugehören. Sie sind ein Team, das über Reaktion definiert wird und selten zweimal hintereinander gleich auftritt. Die Pause kommt also zum richtigen Zeitpunkt. Zeit zum Durchatmen, zum Sortieren, zum Tanken und vielleicht auch, um daran zu erinnern, dass Talent allein in dieser Liga nichts gewinnt.
Denn in der DEL gilt eine einfache Wahrheit: Wer die Kleinigkeiten kontrolliert, kontrolliert das Spiel. Und wenn die Eisbären das nach der Pause wieder tun, wird man über dieses Wochenende vielleicht sagen: Es war die Lehrstunde, die sie gebraucht haben.



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