Der Unsterbliche: Alexander Ovechkin und die 1.500 Spiele Ewigkeit

Es gibt Momente im Sport, die sich anfühlen wie Geschichte in Echtzeit. Kein Knall, kein Feuerwerk, keine orchestrierte Show nur ein Mann, ein Eisfeld und eine Zahl, die größer klingt als jedes Tor, das er je geschossen hat: 1.500 NHL-Spiele. Alexander Ovechkin, der ewige Kapitän der Washington Capitals, hat sie erreicht. Nicht in wechselnden Farben, nicht als wandernder Held auf der Suche nach einem letzten Vertrag. Nein alle 1.500 Spiele für ein einziges Team. Für Washington. Für das Trikot, das längst so sehr zu ihm gehört wie der Schläger in seinen Händen.

Der Zar, der nie fiel

Als Ovechkin 2005 sein erstes NHL-Spiel machte, war YouTube gerade gegründet worden, Sidney Crosby noch der „Next One“, und die Caps ein Team ohne Identität. Dann kam dieser 20-jährige Russe mit der Energie einer Dampfwalze und dem Charisma eines Rockstars. Schon in seinem ersten Spiel ein Doppelpack gegen Columbus war klar: Hier ist keiner gekommen, um nur mitzuspielen.

Zwei Jahrzehnte später steht Ovechkin mit über 895 Toren an der Spitze der NHL-Geschichte, überholte Wayne Gretzky und schrieb damit ein Kapitel, das unmöglich schien. Doch während seine Tore die Schlagzeilen beherrschten, lief im Hintergrund ein zweiter, stillerer Rekord mit: Konstanz.

Ovechkin hat in all den Jahren nur rund 76 reguläre Saisonspiele verpasst in einer Karriere, die sich über 20 Spielzeiten erstreckt. Kein anderer Power Forward dieser Generation hat so viele Checks eingesteckt, so viele Tore aus dem Slot erzielt, so oft den Körper geopfert und doch ist er immer wieder aufgestanden. Man nennt das Langlebigkeit. Aber bei Ovechkin fühlt es sich nach etwas Größerem an: Unzerstörbarkeit.

Der Körper aus Stahl, das Herz aus Feuer

Seine Mitspieler sagen, Ovi sei „ein Panzer mit einem Kinderlächeln“. Gegner beschreiben ihn als „eine Naturgewalt“. Und tatsächlich: Es gibt kaum eine Szene, die Ovechkins Karriere so gut zusammenfasst wie der Moment, in dem er im Vollsprint über das Eis rast, den Verteidiger ummäht, auf einem Knie rutscht und dabei noch den Puck ins Kreuzeck hämmert.

Er war nie der filigrane Künstler. Ovechkin ist der Schmied, der das Tor mit roher Kraft erzwingt.

Und doch steckt in seiner Spielweise mehr Eleganz, als oft wahrgenommen wird: der perfekte Winkel, der unnachahmliche One-Timer vom linken Bully-Kreis, das Timing, das Gefühl für Sekundenbruchteile. Über 300 Powerplay-Tore die meisten in der Geschichte der Liga belegen das besser als jedes Kompliment.

Erfolge, die bleiben Spuren, die tiefer gehen

Die Liste seiner Auszeichnungen liest sich wie ein goldener Lebenslauf:

Dreimal Hart Memorial Trophy als wertvollster Spieler (2008, 2009, 2013), neunmal Maurice Richard Trophy als bester Torschütze, 2018 endlich der Stanley Cup und ein Playoff-Lauf, der so emotional war, dass halb Russland und ganz Washington mittrank, als Ovechkin die Trophäe in die Luft stemmte.

Doch jenseits der Pokale ist es der Mythos, der bleibt. Der Mann, der sein Team nie verlassen hat. Der Kapitän, der nie den leichten Weg gesucht hat. Der Spieler, der Washington eine Stadt, die lange im Schatten der NHL-Giganten stand in ein Hockey-Mekka verwandelte.

Treue als Superkraft

In einer Ära, in der Superstars Teams wie Mode wechseln, wirkt Ovechkins Karriere fast altmodisch. 1.500 Spiele alle für die Capitals. Damit gehört er zu einem winzigen Klub: nur sieben andere Spieler in der Geschichte der NHL haben so viele Spiele für ein und denselben Verein absolviert. Namen wie Steve Yzerman, Nicklas Lidström, Shane Doan, Gordie Howe Legenden, deren Gesichter an den Wänden der Arenen hängen. Jetzt hängt Ovechkins daneben.

Treue wird im Profisport selten belohnt. Doch in Ovis Fall war sie der Grundstein seines Erfolgs. Washington baute um ihn herum, wuchs mit ihm, scheiterte mit ihm und triumphierte mit ihm. Eine Bindung, die so tief geht, dass man sich Capitals-Eishockey heute ohne Ovechkin gar nicht vorstellen kann. Und eines Tages, wenn die Nummer 8 unter dem Hallendach hängt, wird sie nicht nur an Tore erinnern, sondern an eine ganze Ära.

Die Ewigkeit auf Schlittschuhen

Und jetzt? Mit 40 Jahren läuft Ovechkin immer noch aufs Eis. Der Bart ist grauer, der Schritt vielleicht ein wenig schwerer aber das Feuer lodert weiter. 1.500 Spiele sind keine Endstation, sondern ein Zwischenhalt auf dem Weg zu etwas, das noch größer sein könnte: vielleicht 1.600 Spiele, vielleicht 1.000 Tore.

Doch Zahlen erzählen nur die halbe Geschichte. Der Rest steht zwischen den Zeilen seiner Karriere: die Leidenschaft, die Spielfreude, die unerschütterliche Liebe zu einem Sport, der ihn geformt hat und den er selbst für immer verändert hat.

Alexander Ovechkin ist kein Spieler mehr.

Er ist ein Denkmal, das noch immer Tore schießt.

Ein Unsterblicher auf Schlittschuhen.